Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen am Main e. V.


8. – 29. Sept
ember 2002

"Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen.
Ein jüdischer Friedhof in Deutschland"
Ausstellung zum jüdischen Friedhof in Rödelsee
von Christian Reuther und Michael Schneeberger


Großer Saal der Alten Synagoge
täglich 10 - 17 Uhr


Jüdischer Friedhof Rödelsee 

Die Grabsteine verwittern. Die Inschriften zerfallen bis zur Unlesbarkeit. Im Staub des Gesteins verlieren sich die Namen der Toten, erlischt das Gedächtnis an sie.

Die überlebenden Zeugnisse jüdischer Kultur drohen zu Verschwinden in diesem Land der geplanten Vergesslichkeit. Fortwährende Schändungen jüdischer Friedhöfe, Brandanschläge auf Gedenkstätten und Synagogen, offen artikulierter Antisemitismus in Worten und Untaten zeigen, dass Auschwitz hineinreicht in die gesamtdeutsche Gegenwart.

Rödelsee also, der israelitische Bezirksfriedhof nahe Würzburg.

Ein besonderer Ort, gefährdet von natürlichem Zerfall des Gesteins und akutem Vandalismus. Die verwitternden Grabsteine als Metapher des Verschwindens wie als Herausforderung zur Spurensuche: »Ist es möglich, die menschlichen Sinne empfänglich zu machen für die Auszehrung der Zeichen und so dem unaufhaltsamen Ende der Anschauung – Anschaulichkeit abzutrotzen?« (Klaus Kreimeier)

Christian Reuther und Michael Schneeberger dokumentieren und entziffern: acht exemplarische Grabsteine – ihre Inschriften zerrieben oder skelettiert – werden mithilfe fotografischer Techniken und detektivischer Archivarbeit zum Sprechen gebracht. Und erzählen die Geschichte der Bestatteten; erzählen von Familienbanden und Berufsstolz, von Religiosität und Gesetzestreue, von Heimat und von Austreibung, von Ermordung und Zerstreuung während und nach der Nazibarbarei.

Rödelsee: Eine Gedenk-Passage durch Grabsteine und Grabinschriften. Ein Versuch, die Anonymisierung gelebten Lebens, diesen „zweiten Tod“, aufzuhalten.

Die Ausstellung "Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen" wurde bislang an folgenden Orten gezeigt:
Siegburg, Stadtmuseum
Kassel, Museum für Sepulkralkultur
Museum Bochum
Erfurt, Haus Dacheröden
Dessau, Stadtmuseum
Berlin, Deutsches Historisches Museum
Gera, Stadtmuseum
Würzburg, Mainfränkisches Museum
Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek
Aschaffenburg, Rathaushalle

Zu der Ausstellung ist in der Edition Hentrich, Berlin, ein Katalogbuch mit Beiträgen von Henryk M. Broder, Klaus Kreimeier und Hans-Joachim Lenger erschienen.
(160 Seiten, 170 z.T. mehrfarbige Abb., broschiert).

Der Preis beträgt an der Museumskasse DM 24,80, im Buchhandel DM 36,00.
 
 
 

Pressestimmen zur Ausstellung

„Ein Versuch, Erinnerung zu stiften, leeres Gedenken zu ersetzen durch Geschichten, die einen Ort und ihre Zeit haben.“
Elke Schmitter, Süddeutsche Zeitung

„Wer irgendwie sich dafür interessiert, wie Juden auf dem Lande lebten, der bekommt hier Auskunft.“
Roland H. Wiegenstein, Frankfurter Rundschau

„Es ist wahr: Steine sind keine stummen Zeugen, man muß nur wissen, wie man sie zum Reden bringt.“
Henryk M. Broder, taz

„Es ist schwer vorstellbar, daß junge Menschen, die diese Ausstellung gesehen und begriffen haben, zum nächsten jüdischen Friedhof laufen, um ihn zu schänden.“
Monika und Otto Köhler, DIE ZEIT

Zu den Autoren:
Michael Schneeberger
geb. 1949 in Würzburg, Historiker und Familienforscher.
Arbeiten und Veröffentlichungen über das süddeutsche Judentum
seit der Rückkehr aus Israel 1985.
Lebt in Kitzingen.


Christian Reuther
geb. 1963 in Frankfurt am Main, Konzeptioner und Gestalter.
Lebt in Würzburg.

Ausstellungsprojekte seit 1993 u.a.:
Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung (1995 bis 1999 in 34 deutschen und österreichischen Städten);

Ausstellung "... reißt auch der letzte Faden. Jüdische Schulen in Berlin 1778 bis heute" im Jüdischen Museum im Stadtmuseum Berlin, Martin-Gropius-Bau.

Präsentation des Landes Albanien auf der EXPO 2000, Hannover